Startups in der Agrarbranche: Gründergeist zwischen Trecker und Gummistiefeln

von Maren Ziebarth (Elternzeit)

Junge, innovative Wachstumsunternehmen (Startups) erfreuen sich in der Agrarbranche wachsender Aufmerksamkeit und Beliebtheit. Egal ob Insektenaufzucht, Online-Handelsplattform oder Roboter im Ackerbau: Startups liefern innovative Ideen und Verbesserungsvorschläge entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Viele Akteure der Agrarbranche haben an dieser Stelle bereits großes Potenzial erkannt, sodass das Interesse an der Startup-Szene sowohl bei den Landwirten, als auch im vor- und nachgelagerten Bereich steigt.

Die Startups und ihre Gründer sehen sich dennoch auch vielschichtigen Herausforderungen entgegen, die so relevant sind, dass das Gründungsvorhaben in nahezu 95 % der Fälle scheitert. Doch wie sehen diese Herausforderungen aus? Gibt es Besonderheiten für Startups in der Agrarbranche? Und wo muss man eigentlich ansetzen, um das Gründungsgeschehen im Agrarbereich zu unterstützen und weitervoranzutreiben?

Wir haben mit Sibylle Gerlach, frisch gebackene Masterabsolventin an der Georg-August-Universität in Göttingen gesprochen, welche in ihrer Masterarbeit Experten aus der Startup-Szene im Agrarbereich qualitativ befragt hat. Darunter unter anderem Startup-Gründer, Investoren, Unterstützer und Landwirte. Die Umfrage entstand in Kooperation mit der Andreas Hermes Akademie.

Frau Gerlach, welche Herausforderungen ergeben sich für Startups in der Agrarbranche?

Die befragten Experten sind sich nahezu alle einig: Besonders schwerwiegend ist, wie auch in anderen Bereichen, der Finanzierungsaspekt. Startups entstehen schließlich häufig unter großen Unsicherheiten, da die Geschäftsideen in der Regel neuartig und noch nicht ausgereift sind. Ein passendes Finanzierungsprogramm oder aber auch interessierte Investoren zu finden, ist besonders in Deutschland schwierig. Vorteile haben hier diejenigen Gründer aus der Agrarbranche, die bereits aus einem bestehenden, ggf. landwirtschaftlichen Betrieb heraus gründen.

Und welche Besonderheiten ergeben sich für Startups in der Agrarbranche?

Die Herausforderungen für Startups, sich in der Agrarbranche zu etablieren, sind groß. Außerdem beschreiben die Gründer eine besondere Herausforderung, die mit ihrem Startup den Landwirt als Endkunden erreichen möchten. Landwirte sind durch ihren Beruf häufig in starken Abhängigkeiten gefangen, die beispielsweise durch enge Gewinnmargen oder das Wetter ausgelöst werden. Durch die täglichen Einflüsse und Probleme, haben sie häufig nicht die Möglichkeit bzw. teilweise auch nicht die Bereitschaft jede neue Idee auszuprobieren.

Weiterhin können die persönlichen Herausforderungen als besonders relevant eingestuft werden. Betont wird von den Experten, dass der Mensch bei der Startup-Gründung im Vordergrund steht. Ob man einen Investor für sich gewinnen kann und ob man sich ein Netzwerk erarbeiten kann, hängt schließlich auch in hohem Maße von der Persönlichkeit des Gründers ab. Als wichtige Herausforderungen wurden dabei die Punkte Durchhaltevermögen und Kritik im eigenen Umfeld von den Startups der Agrarbranche genannt. Neben diesen genannten Aspekten, werden die Startups häufig jedoch noch mit vielen individuellen Herausforderungen konfrontiert.

Zahlreiche Startups scheitern schon in den ersten Jahren mit ihrer Geschäftsidee. Welche Rolle spielen sie dann überhaupt für die Agrarbranche?

Startups sind wichtig und das besonders für eine Branche wie die Agrarbranche. Bei all den Herausforderungen rund um Strukturwandel, gesellschaftliche Akzeptanz, Tier- und Umweltschutz, können Startups neue Lösungswege aufzeigen und somit auch neue Wege für die bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe aufzeigen. Deswegen ist es auch wichtig und erwünscht, dass Sie von der Branche Unterstützung erfahren.

Und welche Möglichkeiten sehen Sie, das Gründungsgeschehen im Agrarbereich zu unterstützen und weitervoranzutreiben?

Um den Erfolg der Startups zu sichern, können zuerst einmal Aus- und Weiterbildungsformate besonders im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, eine wichtige Möglichkeit sein. Wie bereits erwähnt, besteht bei Startups ein starker Zusammenhang zwischen der Unternehmung und der Person des Gründers: Um mit den großen und kleinen Herausforderungen im Gründungsprozess fertig zu werden, ist daher eine starke Persönlichkeit von Vorteil.

Startups brauchen außerdem den ständigen Austausch. Je nach Ausrichtung ist es wichtig, dass sie Kontakte zur Agrarbranche, vor allem den Landwirten, aber auch zu Politik, Medien und natürlich Investoren bekommen. Auch ein gutes Netzwerk innerhalb der Startup-Szene hilft vielen Startups beim besseren Umgang mit Herausforderungen. Gezielte Austauschveranstaltungen zum Thema Startups in der Agrarbranche, aber auch bestehende Formate wie zum Beispiel Fachmessen und Diskussionsplattformen, können daher Unterstützungspotenzial für die Gründer bieten.

Die Veranstaltung “Alles auf Start: Up! Marktplatz Agri & Food”, welche am 4. September 2019 in Berlin stattfand, ist hierbei ein erster und wichtiger Schritt. Der Deutsche Bauernverband, die Andreas Hermes Akademie und der Bundesverband haben mit dieser Veranstaltung Landwirte und Startups zusammengebracht und umgekehrt. Auch die Startups untereinander, entlang der Wertschöpfungskette, sowohl aus dem Food- wie auch Agtechbusiness, konnten sich miteinander austauschen. Weitere Veranstaltungen dieser Art sind geplant.

Die Autorin

Maren Ziebarth (Elternzeit)

Projekt- und Marketingkoordinatorin

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