Die eigene Haltung – meine bisherigen Erfahrungen mit Veränderungen
Zuerst einmal ist alles eine Frage der Haltung, entscheidender noch als besondere Fähigkeiten. Welche Erfahrungen habe ich bisher in meinem Leben mit Veränderungen gemacht, was war meine Rolle, mein Beitrag und was mein Gestaltungsspielraum? Das prägt die Einstellung zu und den Umgang mit Veränderungen grundlegend. Gleichzeitig ist sehr verlockend, alles beim Alten zu belassen, zumal wenn sich noch keine erprobte Herangehensweise anbietet und man Neuland betritt. Wir Menschen mögen Routinen, da wir darin energieschonend arbeiten können und wir uns in unserer Komfortzone bewegen. Wollen oder müssen wir diese verlassen, kostet es auf jeden Fall Energie und Aufwand. Und man verliert ein Stück der gewohnten Kontrolle und Sicherheit, kennt sich im unbekannten Terrain nicht so gut aus und das verunsichert. Daher verharren wir Menschen häufig genug in bekannten Situationen, auch wenn diese für uns ungünstig sind, die Leidensfähigkeit kann ungeahnt groß sein.
Wie lassen sich Veränderungen auf den Weg bringen?
Hilfreich ist es in solchen Situationen, sich den langfristigen Nutzen vor Augen zu halten und nicht auf den schnellen Erfolg zu hoffen. Langer Atem und ein ausgeprägter Wille unterstützen auf dem Weg ans Ziel. Geduld und Disziplin sind weitere Zutaten auf dem Rezeptblock für erfolgreiche Veränderungen. „Veränderungen sind am Anfang schwer, in der Mitte chaotisch und am Ende wunderbar“ (nach Robin Sharma), deshalb gilt es, sich trotz schrittweiser Planung auf Unvorhergesehenes, nicht Planbares einzustellen, zu lernen mit Überraschungen und Fehlern umzugehen (Fehlerkultur). Dazu braucht es Flexibilität im Denken und die Fähigkeit zu improvisieren und kreative Lösungen auf „Abwegen“ zu suchen und einfach mal mutig etwas auszuprobieren. Man ist fast gezwungen, eine gute Mischung aus Stabilität und Flexibilität hinzubekommen beziehungsweise die Spannung zwischen diesen beiden Polen auszuhalten. „Lieber schnell als perfekt“, lautet die Devise und dann zügig ohne lange Entscheidungswege nachsteuern. Das dabei nicht immer alles glatt geht, ist vorprogrammiert, aber Konflikte und Emotionen sind keine Störfaktoren, sondern gehören zu einem lebendigen Austausch dazu und zeigen nur auf, wo Baustellen noch nicht behoben oder Bedürfnisse noch nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Und es gilt: Diversität nicht nur beim Ackerrandstreifen sondern auch in der Zusammensetzung des Teams oder der Dialogrunde, denn die Ideen aller tragen zum Erfolg bei und steigern die Identifikation mit dem Prozess.
Je stärker fremdbestimmt die Veränderung angeschoben wird, umso leichter erzeugt es inneren Widerstand, man will nicht wahrhaben, was da grade passiert und die ganze Angelegenheit wird sehr emotional. Da ist es entscheidend, diese Emotionen aufzufangen und die Bedürfnisse dahinter zu beleuchten und zu erkennen. Erst dann können Möglichkeiten und Chancen gesucht und gemeinsam Wege in Richtung Ziel gefunden werden.
Aus „müssen“ wird „wollen“
Als ersten wichtigen Schritt sollten Absichten und Einstellungen geklärt und die Motivation herausgeschält werden. „Erst misten, dann ernten“, gilt auch hier, denn erst muss der Aufwand an Zeit, Gedanken, Kraft und andere Ressourcen aufgebracht werden und nicht selten muss man liebgewonnene Gewohnheiten oder Routinen aufgeben. Und dann machen Sie den ersten Schritt. Die Motivation dafür bringt ein klares Zielbild und etwas, das für uns sinnstiftend wirkt, wofür sich der Einsatz lohnt und einen Sog erzeugt, so wird aus „müssen“ ein „wollen“ und ein Aufbruch.
Dieser Artikel ist erschienen in Deutsche Bauern Korrespondenz dbk. Ausgabe 6/2021.
Co-Autor: Dr. Andreas Quiring.
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